LONDON
ja
öha, ich hab mich jetzt hier ein paar Wochen nicht blicken lassen,
liebe Leserschaft. Aber nicht, weil ich keinen Bock hatte, sondern
weil ich gar nicht da war. Ich war nämlich im Urlaub. Und da war es
schön, da will ich wieder hin! Natürlich macht die Schreiberei auch
im Urlaub keinen Urlaub und drum habe ich auf wilden Zetteln und
Fitzeln und Parfumprobeschnipseln die Abenteuer im Ausland
festgehalten, weil ich nämlich kein Reisetagebuch hatte. Das steht
jetzt auf meinem Weihnachtswunschzettel, also liebes Christkind,
falls Du das hier liest …
So
und jetzt belästige ich Euch mit meinem ungeheimen Reisetagebuch,
zum einen, weil viele Leute gefragt haben, wie es denn im Urlaub war,
ich aber meine maulfaulen Wochen hatte und sie sich mit „schön“
nicht zufrieden geben wollten, zum anderen weil vielleicht einige
Tipps und Tricks auch für die Außenwelt ganz interessant sein
könnten. Ich wäre zum Beispiel ganz froh gewesen, wenn mir vorher
jemand gesagt hätte, dass das Verkehrsaufkommen um den Oxford Circus
Nachts um drei rum ungefähr so groß ist wie in der Kleinstadt, in
der ich aufgewachsen bin und das ziemlich knifflig werden kann, sich
da ein Taxi zu organisieren, wenns pressiert.
Aber
erstmal zum Anfang … das Kofferpacken ist nämlich auch eine
knifflige Angelegenheit, vor allem, weil Wetter.com ein elender
Lügenbold ist und es noch lange nicht sonnig und warm sein muss, nur
weil Wetter.com das einen Tag vor Abflug behauptet. Auch darf man
nicht zuviel einpacken, weil es doch sein kann, dass man, wenn man
den Zielort erreicht hat, das eine oder andere Teil findet, das
unbedingt mit nach Hause fahren möchte. Vor allem wenn man nach
LONDON fährt.
LONDON
ist meine große Liebe, was Großstädte betrifft. Mit Prag dagegen
kannst Du mir in den Frack steigen. Meinem Vater wiederum kannst Du
mit London in den Frack steigen, was auf einem Familienfoto auf dem
Trafalgar Square sehr gut zu sehen war. Sein Gesicht war ungefähr so
lang wie mein Gruftimantel, in dem ich mit dem breitesten Grinsen der
Stadt steckte. Dafür findet er Prag super. Wo die Liebe hinfällt,
das ist wie im wahren Leben.
Seit ich mit 17 das erste Mal
englischen Boden betreten hatte, war mir klar, dass ich mich verliebt
hatte, in Land , Leute und ganz besonders in London. Seitdem war ich
etwa 30 x da (ich habe eine zeitlang in England gearbeitet, ca. 2
Stunden von London entfernt und bin fast jedes Wochenende hin,
deshalb) und jedes Mal hat es die Stadt wieder geschafft, mich mit
unerwarteten schönen Eindrücken zu überraschen. London hat mich
noch nie enttäuscht und ich freu mich immer wie ein kleines Kind auf
seinen Geburtstag, wenn ich wieder hinfliege. Aber langsam muss ich
mal ein Wörtchen mit dem Bürgermeister reden, überall bekommen
treue Besucher einen Zinnteller geschenkt, wenn sie das 20x
hintereinander da waren. Und where is my fucking Zinnteller???
Aber
jetzt nehm ich Euch mal mit auf die Reise.
DONNERSTAG:
Abflug
– Camden Town
Der Flug:
Abflug zu humaner Zeit.
Halb zehn. Passt. Treffen mit C. beim Check- In- Schalter.
C. ist
seit Unitagen eine meiner engsten Freundinnen, von daher sind wir ein
fein eingespieltes Urlaubsteam und ich könnte mir keine bessere
Reisebegleitung für diese Stadt vorstellen (ausser meinen Mister
natürlich, hüstel). Eingecheckt. No Problem. Sicherheitskontrolle.
No Problem.
Kichernd an die Zeit gedacht, als wir uns immer aus dem
Korsett schälen mussten, weil es durch die Metallstäbe gar so arg
gepiepst hat. Und Schuhe ausziehen klar, das waren ja Waffen. Heute
reisen die Damen stilvoll, aber bequem. Boarding. Zur großen Freude
hatte C. genau den Sitz neben mir. Flug angenehm. Ryanair. Bis vor
kurzem hatte ich keinen Bock mit Billigfliegern zu fliegen, erstens
weil ich finde, dass man sich durch das nicht vorhandene Platzangebot
fühlt wie beim Teambobfahren in einem Schlitten mit 200 Leuten und
zweitens weil der Service, falls etwas sein sollte, nicht gut ist
(damit meine ich nicht den Service an Bord, sondern die telefonische
oder mailtechnische Erreichbarkeit). Spätestens seit meiner
Erfahrung mit der Lufthansa bzgl. Umbuchung oder Flugstornierung und
die damit einhergehende Erreichbarkeit ein paar Wochen vorher ist das
allerdings Jacke wie Hose und Ryanair doch keine so schlechte
Alternative. Wenn man gerne Bob fährt.
Ankunft
Stansted. Tipp: Um nach London zu kommen statt Stansted Express oder
den von Ryanair angebotenen Busservice bei Terravision buchen.
Busfahrt 8£, Dauer ca. eine Stunde. (Stansted Express knapp 50
Minuten und 24 £). Beide kommen in Liverpool Street Station an.
Für
die U-Bahn und das Busnetz empfiehlt sich, wenn man öfter in London
ist, der Kauf einer Oystercard. Günstigste und schnellste Variante.
Das
Hotel:
hat
C. ausgesucht, bin begeistert! Hotels in London sind ja immer so
eine Sache. Das kann schnell mal zugig oder laut oder abgeschubbert
sein, auch wenn man es bei dem Preis , den man dafür bezahlt hat,
manchmal nicht vermuten möchte. Aber dieses Hotel, dieses Hotel, ja,
das war schön. St. Georges Hotel nähe Oxford Circus. Zimmer im
elften Stock mit Blick über London. Geschmackvolle Einrichtung,
schönes Bad. Und der Frühstücksraum im 15. Stock mit noch mehr
Blick über London. Und einem Expressflitzeaufzug, der von 0 auf 15
in ein paar Sekunden fährt, ohne Zwischenstopp. Erstmal ein paarmal
auf-und abgefahren. Kleinstadtmensch in der Großstadt eben. Sehr
geil! Und immer wieder schön die in den Zimmern bereitgestellten
Tee-oder Kaffeeutensilien. Erstmal Tea Time und dabei überlegen, was
man als nächstes anstellt.
Camden:
Na,
wo treiben sich zwei feine Damen, die ihre Wurzeln in der Gothic
bzw. Metalbewegung haben am liebsten rum, immer noch und immer
wieder? CAMDEN. Unbedingt. Eigentlich könnte man zwei volle Wochen
ausschließlich in Camden verbringen und man würde sicher immer noch
was Neues entdecken. Camden ist für mich London pur.
Ich liebe
diesen Mischmasch aus abgerockten Läden, Tourifallen,
Schnickschnack, Design, Freßmeilen, Alt und Neu und Sonderbar.
Meistens geht’s direkt zu den Stalls hinter der Brücke. Da wo die
kleinen Läden sind. Halt, nein, vorher noch ein Zwischenstopp in
einem Laden entlang der Hauptstraße. In diesem Laden habe ich 1997
mal ganze vier Stunden gearbeitet. Eine Freundin und ich haben damals
beschlossen, unseren Rückflug verfallen zu lassen und uns noch
länger in der Stadt herumzutreiben. Da aber unser Budget langsam zur
Neige ging mussten wir uns Jobs suchen und als Verkäuferin in diesen
Läden wirst Du täglich bezahlt, von daher ideal. Konnte ja nicht
wissen, dass der Ladeninhaber einen Vogel hatte. Also hin, brav
vorgesungen, eingestellt, am nächsten Tag im wüstesten Outfit dort
aufgeschlagen, gerade richtig für den Job. Erste Aufgabe: Leute von
der Straße reinziehen, fand ich schon mal unangenehm, da ich es
selber nicht leiden kann, wenn mich jemand auf Biegen und Brechen
irgendwo reinlotsen will. Nächste Aufgabe, nachdem ich jemanden
hereingelotst hatte, dessen Nase dem Patron nicht gefallen hat. Der
Ladenbesitzer sitzt by the way auch heute noch wie ein dicker König
neben seiner Theke, nur ist er ein bissl grauer geworden, ich glaube
er hat sich seitdem nicht wegbewegt, wie auch das Sortiment. Anfang
der 80er wohl Originalware gibt es immer noch dasselbe Zeug wie
damals, in Originalverpackung. Definitiv einen Besuch wert. Also
nächste Aufgabe: auswendig lernen, welche Bandshirts wo sind, kein
Problem, waren ja nur ca. 580 Stück, gespickt mit der Order „Try
to sell them everything!“ Ja ne, ist klar. Kann ich auch nicht
leiden. Jemandem was aufzudrängen liegt mir fern, kann ich nämlich
auch nicht haben. Erkenntnis, dass wir wohl nicht zueinanderpassen,
der Shoppatrone und ich. Kurze Mittagspause im Kaffee gegenüber mit
anderen wildoptischen Verkäuferkollegen. Die haben mir gesteckt,
dass ich den Shopinhaber nicht zu ernst nehmen sollte, weil er spinnt
„Don't worry, he's mental!“ Zum Ende der Pause hin wieder in den
Laden rein, wollte was anprobieren, das ich dort gesehen habe. Ging
klar. Hat aber nicht gepasst. Also hab ichs zurückgelegt.
Einsicht
in die Spinnerei des Ladenbesitzers. „Where is the shirt?“
Frollein E: „I put it back.“
Ladenbesitzer. „No, you
stole it!“
Frollein E: „No, I didn't. It is over there.“
Ladenbesitzer: „No, you stole it!“
Frollein E: „No, I
didn't. It is over there.“
Ladenbesitzer: „No, you stole
it!“
Frollein E: „Ja Herrschaft! No, I did not. It is over
there.“
Ladenbesitzer: „No, you stole it!“
Geduldsfaden
Frollein E: „Zong!“
Frollein E, plärrend: „No, I fucking
did not steal it. It is fucking over there. And now it is enough! I
go!“
Ladenbesitzer: „No, please don't go!“
Frollein
E: „Yes I go!“
Ladenbesitzer:
„No, please. Come on, shout at me. Shout at me.“
Frollein
E. „Na, des kost extra! I go!“
Das
waren meine glorreichen vier Stunden in einem Shop in Camden als
Verkäuferin.
Nichtsdestotrotz liebe ich dieses Viertel und jetzt
kommt mit zu den Stalls, ab ins Cyberdog.
Cyberdog
und Psylo:
Muss man echt mal erlebt haben, eigentlich gibt es
hier eher quietschbunte Neontechnoklammotten, also ganz mein Ding
haha, aber der Laden ist trotzdem genial. Kuckt mal hier, bevor ich
lang erklär.
https://www.facebook.com/cyberdogofficial
Die Musik und die Atmosphäre da drin sind genial und
C. und ich wären sofort auf eine Technoparty gegangen, wenn denn
eine gewesen wäre. War aber keine, darum sind wir weitergegangen. In
einen anderen Shop in dem ich bis jetzt noch nicht war, aber ganz
sicher beim nächsten Mal wieder reingehen werde. Auch wenn mir da
nix passt. Weil die Schnitte da leider nicht für Sanduhren
konzipiert sind, eher für gerade geschnittene Menschen. Bin ich
nicht, leider, kacke in dem Fall wirklich.
Der
Shop: Psylo. Das Konzept, das von vorne bis hinten gut durchdacht und
auch umgesetzt ist: Urban Tribe. Will wieder nicht lang rumlabern:
schaut hier:
http://www.psylofashion.com/
Was die ganze Angelegeheit so rund macht: Die
Inneneinrichtung, die Musik, der Duft (in England ist alles beduftet,
dazu später) Psylo hat einen eigenen Räucherstäbchendurft, der
natürlich durch den Laden wabert, und natürlich die Klamotten.
Geniale Schnitte, geniale Farben, geniale Details. Nur hat mir nichts
gepasst. Eine Jacke wollte ich unbedingt haben, habe sie anprobiert
und sie sah, äh ja, nicht so aus, wie an der Schaufensterpuppe. Und
warum? Weil Schaufensterpuppen flach sind. Ich sag es mal mit den
Worten des wirklich ebenfalls genialen Verkäufers: „ It is because
of the blessings.“ Er hat Blessings (Segnungen) zu meinen Titten
gesagt. Blessings! Wah, wie nett. Blessings, hihi. Auch ein paar
andere Teile haben aufgrund der vor-oder rückseitigen Blessings
nicht gepasst, was mir echt gestunken hat. Aber mei. Habe mich
kurzfristig wieder in Gedanken in die 50er zurückgebeamt und bin zu
dem Entschluss gekommen, dass die Marilyn, die Sophia und ich da
bestimmt tütenweise was gefunden hätten und wir ja nichts dafür
können, dass jetzt mal die androgynfigurigen Menschen an der
Modereihe sind. Wer hat mit dem Schmarrn eigentlich angefangen??
Jedenfalls hat mir nichts gestanden. Gemein.
Wir sind dann noch
durch den einen oder anderen Laden gestreift, aber diese beiden waren
definitiv die am Erwähnenswertesten.
Fressmeile:
Immer
wieder nett die Fressmeile in Camden, wo einen von Links und rechts
die meist asiatischen Vor-Ort-köche zuplärren, dass man doch bei
ihnen essen sollte. Gerne, immer der Reihe nach.
Zapfenstreich:
In
mancherlei Hinsicht ist London nicht wirklich eine Großstadt. Bei
den Öffnungszeiten z.B. Punkt sechs oder sieben werden die
Ladentheken hochgeklappt und die Stalls eingezäunt und die
verbleibenden Besucher rausgescheucht. Ok, dann sind wir halt
gegangen, sehr widerwillig, wirklich. Zurück ins Hotel, die Nacht
war schließlich kurz. Unterwegs noch ein paar dieser dreieckigen
Sandwiches mit undefinierbarem Belag gekauft und den Blick auf das
nächtliche London und die beleuchtete BBC genossen.
FREITAG:
U-Bahnstreik
– Jo Malone – Vintageklamottenladen – Portobello Road - Soho
Frühstück
im genialen Frühstücksraum des Hotels im 15. Stock mit Blick über
London. Ich mag den Kaffee in den Hotels immer sehr gerne. Ich habe
keine Ahnung ob es bei der englischen Metro einen speziellen
„Hotelkaffee“ gibt, ich finde der schmeckt überall gleich, aber
auch überall gleich gut. Also mit viel Koffein im Blut los zu Fuß,
weil:
U-Bahnstreik:
Ja
Hurra, das hat uns natürlich sehr gefreut zu erfahren, dass genau
die Central Line, die wir eigentlich gebraucht hätten, um überall
dahinzufahren, wo wir hinwollten, heute gestreikt hat. Dann haben wir
eben unsere Pläne umgeschmissen und umdisponiert. Das hatten sie nun
davon. Wir können auch anders! Ha!
Erstes Ziel in Laufweite:
Jo Malone
Die
Parfümerie. Weil wir beide so Parfumnasen sind. Ging ja schon bei
der Ankunft in Stansted im Duty Free los. Ähnlicher Effekt hier.
Brauche definitiv ein paar Arme mehr. Beim Verlassen des Ladens haben
wir gerochen wie zwei Bordellbomber. Anschließend prima Platz in der
U-Bahn gehabt (nicht die Central Line!)
Zweites
Ziel: Vintageklamottenladen
Leider
vom Ladenkonzept enttäuscht. Was Cyberdog und Psylo so gut
hinbekommen haben, nämlich durch ein stimmiges Ganzes beim Kunden
den sogenannten „Habenwill- Effekt“ in den Geldbeutel zu zaubern,
hat das hier in dem Laden leider nicht geklappt. Schade. Auch wenn
Swingmusik gelaufen ist und der Laden mit einigen alten
Einrichtungsgegenständen ausgestattet war, hatte man dennoch das
Gefühl, dass hier auch Handys, Krimskrams oder anderer Krimskrams
verkauft werden könnte. Das macht einen großen Unterschied habe ich
bemerkt, denn auch wenn wie bei Psylo nichts passt, möchte man
dennoch irgendwas mitnehmen, weil man das Gefühl, das man in dem
Laden hatte, mitnehmen möchte, man möchte Teil des Ganzen sein, und
wenn man es mit den dort angebotenen Klamotten nicht kann, dann eben
mit einem Armband oder den dort angebotenen Räucherstäbchen. Aber
hier, nein, hier ist dieser Reflex nicht aufgetreten. Klar hab ich
was anprobiert, ich bin ja wegen der Kleider gekommen. Aber jetzt
kommt der andere Haken. Die beiden Verkaufsfräuleins waren wirklich
nett und sehr bemüht, aber leider ein bisschen zu bemüht. Heisst,
dass sie bei jedem Kleid, das ich anprobiert habe, in Jauchztiraden
ausgebrochen sind. Das finde ich nicht gerade glaubhaft, vor allem,
wenn Du aussiehst wie eine abgebundene Wurst. Und sie Dir immer noch
jauchzend versichern, dass Du aussiehst wie Jessica Rabbits
Zwillingsschwester. Ja, nur eben in Wurstform. Mädels, ich bin nicht
blind und weiß ganz genau, wann ein Kleid gut sitzt und wann man es
lieber lassen sollte, von daher macht es keinen Sinn, mir etwas
anderes einreden zu wollen. Glaubwürdigkeit = 0 und mit einem
schalen Gefühl verlässt man dann den Laden – ohne Kleid – und
kommt sicher nicht zurück.
Portobello
Road:
Über
Umwege aufgrund der heute streikenden Circle Line zur Portobello Road
und dem sich darauf befindlichen Portobello Road Market. Auch immer
schön. Beim Stammuniformdealer endlich die Uniformjacke gefunden,
nach der ich lange gesucht habe. (Sehr empfehlenswert, der Stand ist
unter der Brücke kurz vor Portobello Green). Danach noch zu What
Katie did, weil ich alter Hipsterjutebeutelträger den
Whatkatiedidhipsterjutebeutel kaufen wollte. Geht da mal rein, weil
hier funktioniert das Shopkonzept wieder. Sehr schöner, kleiner
Laden.
Danach
sind wir zurück ins Hotel, kurz mal wieder Sandwichabendessen, aber
nur um uns kurz zu stärken und danach nachts in
Soho:
herumzuschleichen.
Gut Soho ist groß. Das Soho, das ich meine, ist das Dirty Soho. Das
mit den Stripläden. Vor allem die kleine Gasse mit dem Soho Book
Shop. Ich weiß nicht warum, ich hab jetzt keinen Drang in einen
Stripclub zu gehen, um mir anderer Mädchen Blessings anzusehen, aber
ich mag die Atmosphäre in diesem Viertel, hier tobt das Leben, eine
Mischung aus Nachteulen, Touristen, Gentlemen und Gangster. Und der
Bookshop mit vielen Kunstbüchern ist ebenfalls einen Abstecher wert.
Finde es immer noch sehr aufmerksam, dass mir der Verkäufer eine 3
D- Brille gegeben hat, als ich das Big Book of Penises angeschaut
habe.
Und mit großen Augen sind wir dann wieder heim, C. und
ich. An der Carnaby Street vorbei. Was ist das denn? Was ist denn
hier passiert? Ich kann mich noch an eine Straße mit wilden, bunten
Läden erinnern, als ich mit 17 das erste Mal da war. Und jetzt.
Geleckte Stores großer Ketten. Wie langweilig! Bis auf den Irregular
Choice Laden. Irregular Choice ist eine Schuhmarke mit sehr
ausgefallenen Schuhen. Dummerweise habe ich in dem Urlaub bemerkt,
dass ich doch mehr Tussi bin als gedacht. Hab ich doch früher immer
über die Mädels gelästert, die an jedem Schuhschaufenster kleben
bleiben. Bin blöderweise an jedem Schuhschaufenster kleben
geblieben. Wie unangenehm. Aber begehbare Kleiderschränke finde ich
immer noch überflüssig. (Bis mir vielleicht im nächsten Urlaub
auffällt, dass … oh oh, nee).
Also
heim ins Hotel, den Laden auf die Liste für morgen gesetzt, selig
geschlafen und von abgebunden Würsten mit 3-D-Brillen geträumt, die
in einer Parfümerie gestreikt und aus dem Big Book of Penises
zitiert haben. Groß-artig!
SAMSTAG:
Irregular
Choice - Les Senteurs - Green Park - St. Dunstan-in-the-East - Beim Inder
Gemeinsames
Frühstück im Frühstücksraum über den Dächern der Stadt. Danach
getrenntes Programm. C. will ins Museum, wo ich nicht hin will, weil
ich ein elender Kulturbanause bin. Ich will in den Irregular Choice
Laden, weil ich da einiges im Schaufenster gesehen habe, was mir echt
gefallen hat.
Carnaby
Street:
Wie
gesagt, etwas fad geworden, leider, aber da ist eben der Irregular
Choice Laden. Drin wieder die übliche Beduftung, diesmal Erdbeere.
Beduftung:
Es
ist wirklich wahnsinn, wie offensichtlich jeder Laden, jedes Hotel
etc. seine hauseigene Beduftung über die Klimaanlagen auf die
Kundenschar streut. Ich bin echt ein großer Fan guter Gerüche, aber
diesen Umgang mit allörtlicher Beduftung finde ich irgendwie
befremdlich. In unserem Hotel riecht es ein bisschen nach Babypuder,
was ich angenehm finde. Ich habe mal einer Reportage gesehen, bei der
eine große Hotelkette eine Parfumeurin mit der Beduftung ihrer
Hotels beauftragt hat, die eine Mischung aus Geld und den schweizer
Bergen komponieren soll. Fand ich sehr spannend, vor allem ihre
Recherche. Sie ist mit ihrer Nase in Bankenvierteln und in den Bergen
spazierengegangen, um diese Eindrücke dann so zu verarbeiten, dass
sie im Hirn des Bedufteten das Gefühl auslösen, das sie beim
Riechen hatte, finde ich schon sehr ausgefuchst. Ich hätte aber auch
immer gedacht, dass diese Art von Düften subtil eingesetzt wird.
Nicht so in London. Da ist es offensichtlich. Babypuder, Erdbeeren,
bei Marks & Spencer Rosenduft in der Haushaltsabteilung und
Bäckereiduft im Supermarkt. Das ist mir sehr stark aufgefallen, da
nämlich nirgenwo frische Backwaren waren, die diesen Duft hätten verbreiten
können. C. meinte, dass bei einer Studie herausgefunden wurde, dass
die Kaufkraft der Kunden beim Geruch frischer Backwaren am größten
war. Darum also. Sehr subtil, wirklich ;).
Supermarktkassen
zum Selberscannen:
Die
Beduftung aber bei mir nicht gefruchtet, weil sie nämlich keine
herkömmlichen Supermarktkassen mit Kassierern mehr haben, sondern
man selbst seine Sachen scannt und bezahlt. C. findet das gut, ich
finde das Scheiße, umständlich und nervig. Drum hab ich nur das
Nötigste gekauft, ich backwarengeruchsresistenter Revoluzzertourist.
Zurück
zu den Schuhen. Irregular Choice, ich war beim Erdbeerduft.
Quietschige Einrichtung, quietschiges Verkaufspersonal, sehr laute
Musik (zu laut für direkt nach dem Frühstück, wenn Ihr mich fragt)
und quietschige Schuhe. Vier Paar rausgefischt, die mir sehr gut
gefallen haben, alle anprobiert und soll ich Euch was sagen: ich werd
alt. Nicht weil die Schuhe zu auffällig waren, sondern weil sie so
auffällig schlecht gesessen haben. Ganz ehrlich, was nützen mir die
schönsten Schuhe, wenn ich damit nur dumm rumsitzen kann, weil sie
so unbequem sind, dass mehr als ein paar Schritte am Stück, ohne dass
man einen komischen Gesichtsausdruck bekommt, nicht drin sind? Hab
ich schon einen ganzen Schrank voll davon, Danke. Irgendwie habe ich
keine Lust mehr, viel Geld, weil günstig sind sie nicht, für Schuhe
auszugeben, die zwar echt sehr schön sind, dafür aber auch überall
drücken. So bin ich auf der Erdbeerduftwolke wieder nach draussen
geschwebt, ohne Schuhe. Aber dafür mit Tinnitus. Zruück ins Hotel,
erstmal eine Tasse Tee.
Parfümerien:
Ohoh,
kurzen Abstecher in eine Parfümerie gemacht, die direkt neben dem
Schuhladen war. Hab ich gestern gar nicht gesehen. Und heute dran
vorbeigelaufen und schon war ich drin. Schlechtes Timing, wirklich,
ich hab nämlich mit C. ausgemacht, dass wir uns in einer Stunde bei
Les Senteurs treffen, einer Parfümerie, die sich auf seltene und
exklusive Düfte spezialisiert hat. Und mit nur zwei Armen in zwei
Parfumerien zu gehen, das geht echt nicht. Muss aber. Also einiges
ausprobiert. Dann zurück ins Hotel, erstmal Arme waschen und eine
Tasse Tee trinken.
Mit
frischen Armen zu Les Senteurs. Auf dem Weg dahin war frecherweise eine
andere Parfümerie im Weg. „Jo loves“. Reingegangen, weil eine
Duftwolke mit einem sehr speziellen Duft mich quasi reingetragen hat.
Duft ausfindig gemacht, ausprobiert, war aber leider nicht so wie
erhofft. Mit fast frischen Armen weiter zu Les Senteurs. Sehr nette
Beratung. Ich weiß es sehr zu schätzen, wenn die Verkäufer
zurückhaltend sind und einen nicht mit ungefragten Vorschlägen
bombadieren. Der nette junge Mann ließ uns gewähren, und wir haben
uns durch die Fläschchen gewühlt wie die Trüffelschweine. Nur
waren irgendwann nach sehr strengem Auswahlverfahren, da war ich echt
sehr diszipliniert, die Nase und die Arme voll und C. und ich
wollten eine Runde um den Block gehen, um die Düfte wirken zu
lassen. Beschlossen, in den Park zu gehen und dort was zu Essen, ich
glaube wir wären aus jedem Restaurant aufgrund von
Geruchsbelästigung rausgeflogen. Also haben wir im Green Park auf
einer Bank gegessen und vor uns hingeduftet. Später nochmal zu Les
Senteurs.
St.
Dunstan:
Nächstes Ziel St. Dunstan, eine Kirchenruine am Ufer der
Themse, ein wildromantischer Ort in der Großstadt, der irgendwie aus
der Zeit gefallen zu sein scheint. Absolut sehenswert. Leider hat es
auf dem Weg dahin zu schütten begonnen. Jaja, Wetter.com, sonnig und
21 Grad. Naja. Ansichtssache, digitaler Wetterfrosch. Kurze
Regenpause in einem Pub, habe den greislichsten Cappucchino der Welt
da getrunken. Uh. Normalerweise lasse ich ja nichts stehen, aber da
konnte ich nicht anders, als nach ein paar Schlucken die Tasse von
mir zu schieben.
Auf
dem Rückweg sind wir zu einer anderen Undergroundstation gegangen,
von der aus man auch die Northern Line nehmen konnte. Wenn wir
gewusst hätten, dass wir von einer U-Bahnstation zur anderen
unterirdisch laufen müssen, wären wir gleich zur anderen gegangen,
die war nämlich alles in allem dann näher, so sind wir ein bisschen
zickzack gelaufen, wenn auch im Untergrund. Und ich mach noch
Scherze, während wir durch lange Gänge dem Northern Line - Schild
nachgelaufen sind, dass wir bestimmt zur anderen U-Bahnstation laufen
statt fahren. Haha.
Essen
gehen:
Als
wir dann endlich in unserer U-Bahn saßen, ist die nicht losgefahren.
Grund war eine Signalstörung. Ach geh, wir hatten nämlich Hunger
und ich wollte unbedingt zum Inder. Merke: wenn in England, dann zum
Inder. Indisches Essen ist in England unschlagbar. Weiß auch nicht
warum. Die U-Bahn stand und stand und unsere Mägen wurden immer
lauter, irgendwann sind wir ausgestiegen und wollten zu Fuß zur
Liverpool Street Station laufen und von da aus weiterfahren. Haben
uns dann ein bisschen verlaufen, aber machte nix, weil wir plötzlich
vor einem indischen Restaurant standen und sofort rein sind. Drinnen
war alles piekfein mit Weingläsern und diversen Besteckstücken auf
den blenden Tischtüchern. Erster Gedanke war natürlich, oh kacke,
ein exklusives Restaurant mit exklusiven Preisen. Zu unserer
Überraschung war es aber dann ein normalpreisiges Restaurant mit
exklusivem Service , exklusivem Essen und einer sehr exklusiven
Klimaanlage. Ihr kennt doch das Kindergeburtstagsspiel mit den
Würfeln, der Tafel Schokolade, der Jacke, dem Schal, der Mütze und
den Handschuhen. Und jedes Kind, das eine sechs würfelt, muss sich
Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe anziehen und mit Messer und Gabel
die Schokolade essen. C. und ich saßen in unserer Ecke und haben
ausgesehe, als ob wir beide eine sechs gewürfelt hätten, nur nicht
mit Schokolade, sondern mit indischem Essen. Gut wars trotzdem.
Danach
sind wir satt, zufrieden und durchgefroren ins Hotel zurück, in den
15. Stock gefahren und haben uns den Tag bei einer grandiosen
Aussicht nochmal durch den Kopf gehen lassen.
SONNTAG:
Southwark - Covent Garden - Fish & Chips - Speakeasy Blues
Letzter
Tag in London. Letzte Tage kann ich nicht leide, weil ich das Gefühl
habe, alles reinstopfen zu müssen, was ich die nächsten drei Wochen
mindestens noch sehen und machen möchte.
Southwark
Promenade:
C. wolte mir die Southwark - Promenade zeigen, weil es
da viele kleine nette Designläden gibt. Was es noch gibt ist der
sogenannte Bank Holiday. Ein Feiertagswochenende, bzw Montag war
Feiertag. Und nun mein Tipp: reist nicht an einem Bank Holiday
Wochenende. Es könnte chaotisch werden, vor allem was die
öffentlichen Verkehrsmittel betrifft, aber dazu morgen. Eben genau
aus diesem Bank Holiday- Grund waren viele der kleinen Designläden
geschlossen, schade, ein paar hätten mich wirlich interessiert.
Blöderweise war ich ein bisschen unter Zeitdruck, weil ich heute zum
Tanzen wollte und die Veranstaltung schon um 7 losging, wir aber noch
zu Covent Garden wollten und Fish & Chips sollten ja auch noch
drin sein. Also ab zu Covent Garden.
Covent
Garden:
Ich
weiß nicht ob es am Zeitdruck lag, ob ich schon zu oft da war oder
ob Covent Garden langweilig geworden ist, auf jeden Fall sind wir
ziemlich uninspiriert durchgeschlappt, bzw. wurden von den
Touristenmassen (und so viel los war da früher glaub ich auch nicht)
durchgeschoben. Direkt in die Parfümerie „Miller Harris“ hinein.
Danach wieder mit vielfach duftenden Armen den umstehenden Leuten ein
Geruchserlebnis der besonderen Sorte beschert. Naja, so hatten wir
wenigstens Platz. Kurz noch durch Covent Garden gelaufen hin zum Fish
& Chips Restaurant. War gut. Anschließend einen Abstecher zu
Collectif, eine schöne Jacke gefunden, die auch zu den Blessings
passt. Danach ins Hotel und umziehen für den großen Tanzabend.
Bluestanzabend:
Bluestanzen in der Looking Glass Bar mit Schnupperstunde. Ein
bisschen zu spät gekommen, herzlicher Empfang, das war sehr nett.
Von 19 – 20 Uhr Schnupperstunde, ab 20 Uhr Tanzen. Leider waren
aufgrund des Feiertages sehr wenig Leute anwesend, schade, da denkt
man Uh Tanzen in London, da sind bestimmt viele Leute, wir waren
anfangs um die 10 später um die 15 Leute. Macht nichts, ich hatte
ein paar sehr gute Tänze. Ladies, wenn Ihr jemals die Gelegenheit
habt mit Simon Selmon zu tanzen, nutzt sie. Gnädigster tanzen wie
eine Feder. Sehr gut. Leider ging es nur bis kurz nach 11 aber in
Anbetracht des ländlichen U-Bahnfahrplans, was die Abfahrtszeiten
der letzten Bahnen betrifft, mehr als gerechtfertigt. Simon hat mich
und einen anderen Tänzer noch zur U-Bahnstation gefahren, ab da sind
wir in die nächste U-Bahn gesprungen und beim Umsteigen war dann
schon Schluss. Um 23.50 Uhr!!!! Wieder die Circle Line, aber diesmal
kein Streik, sondern der ganz reguläre Fahrplan. Also sorry.
Großstadt ist was anderes. Hab dann den letzten Zug zur Liverpool
Street Station genommen und ab da auf gut Glück versucht,
heimzukommen. Was irgendwann auch geklappt hat. Um kurz vor 1 war ich
im Hotel. C. hat schon geschlafen. Schlafen hätte sich für mich
wiederum nicht gelohnt, weil um 3.40 Uhr der Zug nach Stansted ging.
Also bin ich noch ein bisschen Flitzeaufzug gefahren, habe den Blick
auf die Stadt genossen, Sachen gepackt, Tee getrunken, nachgedacht
und mich schließlich um 3 von C. verabschiedet. Sie ist noch ein
bisschen länger geblieben. Und ja, jetzt der Abreisetag...
MONTAG:
Taxi
um drei Uhr morgens - Stansted Express – falsche Schlange -
Ölsardinen am Flughafen
Taxis früh morgens in London:
Pünktlich
um drei zur Abreise fing es an zu regnen, ich mein, find ich ja
rührend, dass der Himmel weint, wenn einer seiner Engel wieder heim
fährt, aber muss das gerade dann sein, wenn ich mit Sack und Pack
und soooo einem Hals Richtung Oxford Circus laufe, an dem ungefähr
so viel los ist, wie auf dem Marktplatz der Kleinstadt, in der ich
aufgewachsen bin und das meine ich jetz nicht ironisch.
Der Mann
an der Rezeption gestern meinte auf meine Frage, ob er mir morgen
früh um drei ein Taxi rufen könnte, dass ich fünf Minuten vorher
Bescheid sagen sollte. Fünf Minuten erschien mir ein bisschen zu
knapp, also habe ich fünfzehn Minuten vorher Bescheid gesagt. Und
zwar einem anderen Mann an der Rezeption, der mich angesehen hat, als
ob ich nicht ganz dicht wäre und gemeint hat „Sie wissen schon,
dass es schwierig ist, um diese Zeit ein Taxi in London zu bekommen.“
Ist das so? Hätte ich wirklich nicht gedacht. Viele Leute viele
Taxis, das war meine Annahme. Er hat in der Taxizentrale angerufen.
Ergebnis: Frühestens in einer halben Stunde. Da wäre dann der Zug
Richtung Stansted auch langsam weg. Aber ich könnte Richtung Oxford
Circus laufen und mein Glück probieren und ein vorbeifahrendes Taxi
anhalten. Ganz ehrlich, ich hatte keine andere Wahl. Und war ziemlich
frustriert, als ich gemerkt hatte, dass da wirklich nix los war auf
der Straße. Irgendwann kam ein Taxi auf der anderen Straßenseite
und fuhr vorbei. Dann habe ich noch welche in weiter Entfernung
gesehen und als ich schon befürchtet hatte, den nächsten Zug nehmen
zu müssen (4. 10 Uhr) kam ein Taxi auf der anderen Straßenseite
langgefahren. Ich habe den Fahrer dann doch herbeigefuchtelt und bin
reingesprungen. Natürlich ein Black Cab. Black Cabs sind die
typischen Londoner Taxis. Schön, aber auch teuer. Dann gibt es noch
die normalen Taxis, normale Autos aber auch normale Preise. Aber
egal. Wenns pressiert, pressierts und so kann man zumindest
standesgemäß reisen. Also ab Richtung Liverpool Street Station.
Dort angekommen sagt der Taxifahrer zu mir: „Sorry, dear, the
station is closed.“ Das war dann der Moment, an dem mein Schwein
gepfiffen hat. Er hat mir angeboten, mich zum anderen Eingang zu
fahren, um zu sehen, ob da geöffnet wäre. Auch geschlossen. Mein
Schwein hat lauter gepfiffen.
Stansted
Express:
Es
war kurz vor halb vier. In zehn Minuten sollte eigentlich der
Stansted Express abfahren. Nur ohne Leute drin, sind ja ausgesperrt.
Weil vor dem Bahnhofstürengitter standen viele Leute mit Koffern.
Der Taxifahrer, ein echt netter Mensch, hat noch angeboten zu
warten, damit er mich zur Not zur Bushaltestelle bringt, aber das war
nicht nötig. Ich bin zu den anderen Kofferschleppern gegangen und
habe sie gefragt, ob sie auch den Stansted Express nehmen wollten.
Allgemeines Nicken. Gut, dann kann ich ja nicht so falsch liegen. Ein
paar Minuten später hat ein Bahnangestellter die Türen geöffnet,
es war kurz nach halb, ganz schön knapp. „Aber nur ausnahmsweise,
weil es regnet“ Irritierte Gesichter der Kofferschlepper. Es hat
sich herausgestellt, dass aufgrund des Feiertages der Zug um 3.40 gar
nicht fährt. Wohl spontan, weil sich alle Reisenden, incl. Mmir,
vorher rückversichert hatten, dass der Zug um 3.40 auch am Feiertag
fährt. Wär sonst nämlich ganz schön knapp. Die Ankuft beim
nächsten Zug in Stansted wäre nämlich um 4.58 Uhr und um 6.00 Uhr
schließt mein Gate.
Aber es war nichts zu machen, der Zug um
3.40 ist nicht gefahren und es ist wirklich nicht lustig, eine
dreiviertelstunde in einem sehr zugigen, kalten Bahnhof rumzustehen
und sich zu überlegen, wie schnell man rennen muss, um noch
rechtzeitig seinen Flug zu erwischen.
Der
Zug um 4.10 war relativ leer trotz der zusätzlichen 3.40 Uhr
Passagiere. Kam mir gerade recht, denn ich war mittlerweile schon
ziemlich müde. Ankunft also kurz vor fünf. Bin dann ziemlich zügig
Richtung Gepäckabgabe gegangen und jetzt das, was ich an einem
Montag um diese Uhr zeit nicht erwartet hätte. Der Flughafen war so
vollgestopft, dass ich gedacht hab, ich werd narrisch.
Falsche
Schlange:
Hab
mich dann am Ryanair-Schalter angestellt, erst ging es recht schnell,
dann war eine Familie mit Kleinkind und einer LKW-Ladung voller
Kleinkindaccessoires kurz vor mir, die wirklich jeden scheiß
Gegenstand extra in eine schwarze Tüte packen musste, um sie auf
Gepäckband stellen zu können. Ich hätte gedacht ich werd verrückt,
mein Schwein hat längst aufgehört zu pfeifen, das war aber nur ein
weiterer vertrackter Abreisemoment von vielen. Denn als ich endlich
dran war und meinen Koffer aufgeben wollte, meinte die Dame, dass ich
am falschen Schalter wäre. Für meinen Zielflughafen müßte ich
mich an einem anderen Desk anstellen, der auf dem Bildschirm da
drüben angezeigt werden würde. Mir blieb nichts anderes als zu dem
Bildschirm da drüben zu rennen und zu schauen, wo ich hinmüßte.
Auf dem Bildschirm stand zwar mein Zielflughafen und die Flugnummer,
aber lediglich „Desk open“, welcher fucking Desk allerdings open
wäre stand nicht dabei. Also hab ich mich einfach auf gut Glück
irgendwo anders angestellt. Mittlerweile war es kurz vor halb sechs.
Der Desk stellte sich aber als richtig heraus un d das Gepäck war
schon mal aufgegeben, jetzt nur noch der Sicherheitscheck und das
Gate finden. Und „nur noch“ sollte sich spätestens beim Betreten
des Sicherheitsbereiches als der lustigste Witz des Abreisetages
herausstellen.
Denn
das, was ich da gesehen habe, das geht echt auf keine Kuhhaut.
Ölsardinen
am Flughafen:
Im
Sicherheitsbereich standen so viele Leute , wie ich mir normalerweise
in einem Fußballstadion vorstelle - bei der WM! Was ist nur mit dem
kleinen Flughafen passiert? Ich kenne Stansted noch als kleinen,
übersichtlichen Flughafen, durch den du relativ schnell durch bist.
Mein Kopf hat auf Autopilot geschaltet und ich habe mich wüst quer
durch alle Schlangen geschlängelt, bis ich ganz vorn war. Ich weiß,
das macht man nicht und im Normalfall mache ic h das auch nicht, aber
wenn ich brav gewartet hätte, hätte ich meinen Urlaub noch um
einen Tag am Flughafen verlängern können und das, ohne Schuld daran
zu sein, nein Danke. Dann lieber Vordrängeln. Dummerweise hab ich
vergessen, die Flüssigkeiten in eine separate Tüte zu stecken, war
aber vor Ort möglich. Endlich durch den Check. Vorbei am Duty Free,
und da hat mich dann noch der sportliche Ehrgeiz gepackt. Beim
Hinflug habe ich etwas gesehen, das ich am Rückflug unbedingt
mitnehmen wollte. Jetzt ist aber der Duty Free bereich bei den
Arrivals ein recht winziger, in der Größe eines Wohnzimmers. Im
Abflugbereich ist er ungefähr so groß wie ein Möbelhaus. Ich habe
mir eines der Verkäuferfräuleins gepackt, ihr in Stenoenglisch
gesagt, was ich will, sie hat mich im Eilschritt dahin gebracht, ich
habs gepackt, bin zur Kasse, wieder eine Schlange, aber ging schnell.
Fertig. Noch 11 Minuten, bis das Gate schließt. Achtung: wenn Ihr
von Stansted abfliegt, merkt Euch das Gate, das an der Tafel vor dem
Duty Free Bereich angezeigt wird, ganz genau, denn danach kommt keine
Anzeigetafel mehr, zumindest habe ich keine gesehen. Zu den Gates
geht es dann mit der Bahn. Mit Sack, Pack, so einem Hals und der
Duty-Free-Beute, deren Kauf mir durch die Zeitknappheit genügend
Adrenalin durch den Körper gepumpt hat, um in letzter Sekunde in den
Zug Richtung Gate zu springen. Im Zug Leute gesehen, die ebenfalls
den gleichen Flug gebucht hatten, beruhigend. Zum Gate gegangen und
sogar, bedingt durch die Warteschlange noch Zeit, um aufs Klo zu
gehen und noch ein letztes Sandwich und Getränk zu kaufen. Als ich
dann endlich im Flugzeug gesessen bin, war ich echt fertig. So ein
Stress! Mit tiefen Augenringen dann in der Heimat angekommen.
Nichts
wie schlafen. Denkste. Im Stockwerk schräg drüber waren letzte
Woche die Handwerker und haben ordentlich Krach gemacht, auch während
der Mittagszeit. Da kommt immer meine Gartenzwergmentalität durc h,
ich finde, während der Mittagszeit sollte auch die Mittagsruhe
eingehalten werden. Diese Handwerker haben aber munter weitergeflext,
gebohrt, gehämmert und an meinen Nerven gesägt. Heute aber nicht,
lieber nicht. Bin rauf, habe geklingelt, der beim Lärmen
unterbrochene Handwerker hat hinter der Tür geschimpft , was man
aber vor der Tür auch hören konnte „Geh leck mich doch am Arsch.“
Habe ihm zur Begrüßung gesagt, dass ich ihn jetzt nicht am Arsch
lecken werde, aber ob wenigstens mal zur Abwechslung um die
Mittagszeit nicht bohren würde. Hat er wohlwollend zur Kenntnis
genommen. Und ich bin ins Bett gegangen, endlich. Schafe musste ich
keine zählen.
Das
war also der Abreisetag. Stressig, nicht? Also falls Ihr mal von
Stansted aus fliegt, seid am Besten über 2 Stunden vorher da.
So,
das war also der Urlaub in London. Und das, was ich kurz
zusammengefasst als „schön“ empfunden habe, gut der Rückreisetag
war jetzt nicht schön, aber aufregend.
Und
jetzt bin ich wieder da und schreib wieder mehr. Aber der Text reicht
jetzt erst mal, was? Ganz schön viel geworden.
Also, bis
bald, liebe Lesereisefreunde,
Euer
Frollein Fernweh, das sich bestimmt bald wieder in der britischen
Hauptstadt herumtreiben wird, aber diesmal von einem anderen
Flughafen aus, ich bin doch nicht verrückt ;)