Mittwoch, 2. März 2011

Poesiealben

Hallo liebe Blogleser,

vor kurzem habe ich daheim bei meinen Eltern eine große Kiste mit Kindheitserinnerungen ausgegraben, da war so ziemlich alles Wichtige drin, was mich in meiner Kindheit so begleitet hat, alte Zahnspangen (ja echt, uah, grusel, WARUM hab ich die aufgehoben??? Gnnnnn), Bücher, Stofftiere und Schnickschnack und den Zettel von meinem damaligen Schwarm, einer dieser berühmten "Willst Du mit mir gehen" Zettel, den ich sogar schon beantwortet  "Ja, für eine Woche" aber ihm wohl niemals zurückgegeben hatte. Ja, so groß kann die Liebe wohl nicht gewesen sein, ich kann ihm ja den Zettel jetzt ja mal vorbeibringen, so nach dem Motto "Ok, ich hab nochmal ein paar Jahre drüber geschlafen", aber ich glaube, mittlerweile hat da keiner von uns mehr Bock zu. Also, er gefälligst schon, aber ich nicht mehr.
Und in dieser Kiste waren auch ein paar dieser tollen Freundschaftsbücher und mein Poesiealbum. Freundschaftsbücher sind die, in denen die Klassenkameraden vorgekaute Fragen beantworten müssen und jedes Mädchen Krankenschwester oder Tierärztin werden will. Und dann ist da noch das Poesiealbum, in dem jeder eine Blancodoppelseite zur Verfügung hat, und meist in Sonntagsschrift auf linealgezogenen Linien sein Sprüchlein geschrieben und auf der anderen Seite, je nach kreativer Ader, etwas hineingeklebt oder hineingezeichnet hat.
Und manche dieser Sprüche hatten es echt in sich, so im Nachhinein betrachtet. Es waren ja eigentlich eh immer die selben Sprüche, deren einziger Unterschied darin bestand, dass sie einmal krakelig geschrieben waren (also vom Poesiealbenschreiberkind selbst) und einmal in Schönschrift (meistens die Mutter des Poesiealbenschreiberkindes).
Da hat es schon passieren können, dass auf den letzten acht Seiten stand "Ich hab mich hinten angewurzelt, dass niemand aus dem Album purzelt".
Aber dann gab es auch Kaliber wie: "Sei immer treu und edel, mit einem Wort, ein deutsches Mädel" Huch, ja, das ähm, klingt ein klein bisschen so, wie wenn der Spruch schon ein klein wenig älter wäre.
Und einmal gabs Stunk. Da kursierte gerade ein Spruch, den jeder von uns total witzig fand, Drittklässler sind ja recht leicht zu erheitern,  und den wahrscheinlich alle kannten, bis auf denjenigen, dessen Poesiealbum ich gerade hatte, um mich zu verewigen. Was ich auch tat. Fein säuberlich habe ich meine Lineallinien gezogen, die obligatorischen Blümchen in die Ecken gemalt und einen Pferdekopf auf die linke Seite und in Regenbogenfarben folgende Zeilen sonntagsgekrakelt:
"Ich liebe Dich wie Apfelmus, so zärtlich wie Spinat,
 mein Herz schlägt wie ein Pferdefuss, wenn ich Dich seh, Du Arsch!"

Die erhoffte Reaktion eines amüsierten Poesiealbenbesitzers fiel leider anders aus als gewünscht, seine Mama hat bei meiner Mama angerufen und  sie, jetzt mal im übertragenen Sinne, gefragt, was ich denn für ein blödes Gör wäre, der T. sitzt daheim und weint weil ich so eine Unverschämtheit in sein Poesiealbum geschrieben habe. Was wiederum meine Mama nicht witzig fand und mir verbal die Ohren langzog, und mich zu einer Entschuldigung nötigte. Was ich wiederum nicht witzig fand, hielt ich den T. doch aufgrund seiner heulsusigen Aktion für ein ziemliches Weichei.
Na, ich habe mich halt dann entschuldigt, und hoffe, dass dieser böse böse Eintrag ihm nicht seine poesiebealbte Kindheit versaut hat und er noch weiterhin Apfelmus und Spinat essen kann, ohne dabei in Tränen auszubrechen.

Ja, das waren die poetischen Ergüsse eifriger Drittklässler, eigentlich finde ich es ja cool und ich habe vor drei Jahren ein Hello-Kitty-Freundschaftsbuch geschenkt  bekommen, in dem sich meine engsten Begleiter schon eingetragen haben, keiner davon übrigens Krankenschwester oder Tierarzt. Aber so ein Poesiealbum glaube ich, lege ich mir auch nochmal zu. Einfach so. Allein schon wegen Sprüchen wie diesen:
Sei wie das Veilchen im Moose, bescheiden und sittsam und rein, und nicht wie die stolze Rose, die immer bewundert will sein. (Uah, grusel).

Poetische Wochenendgrüße,

Eure spinatzärtliche Rose im Moose, deren Herz schlägt wie ein Pferdefuß

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